Veranstaltung: | Landesparteirat Erfurt 11.08.2017 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Gebiets-, Funktional. und Verwaltungsreform |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 20.07.2017) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.07.2017, 08:45 |
Themenbereich: | Gebiets-Funktional-Verwaltungsreform |
GFVR 01: Thüringen zusammen zukunftssicher machen
Antragstext
Thüringen zusammen zukunftssicher machen
Eine zusammengedachte Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform ist für
Thüringen notwendig, damit Land und Kommunen den Bürger*innen auch in Zukunft
eine verlässliche, starke und bürger*innennahe Verwaltung bieten können. Anders
als die CDU-geführte Vorgängerregierung, haben wir GRÜNEN zusammen mit unseren
Koalitionspartnern den Mut und den Willen, dieses Projekt anzugehen.
Die GRÜNEN haben stets die Bedeutung der Beteiligung und Mitnahme der
Bürger*innen bei solchen weitreichenden und von Emotionen sowie von guten
Argumenten und Gegenargumenten geführten Reformprozessen gesehen und auch
eingefordert.
Gelingen kann so ein Großprojekt nur, wenn die Bürger*innen von Beginn an
eingebunden sind und mit ihnen konstruktiv und sachlich die Erfordernisse und
Vorzüge von Reformen kommuniziert werden. Politische Pläne und Entscheidungen
müssen nicht nur erklärbar sein, sondern im Einzelnen auch gut begründet werden
können. Die Bürger*innen haben hierauf einen Anspruch. Deshalb hat für uns GRÜNE
eine echte Bürger*innenbeteiligung eine herausgehobene Bedeutung im Prozess
derartig elementarer Reformen.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das bisherige Vorgehen und die damit
verbundene Kommunikation, insbesondere im Hinblick auf die Kreiszuschnitte und
damit auch die Festlegung der Kreissitze, diesen Ansprüchen nicht genügten.
Auch das Landesverfassungsgericht machte in seinem Urteil zum Vorschaltgesetz
für die Gebietsreform deutlich, dass Abweichungen von angestrebten
Mindesteinwohnerzahlen aufgrund historischer, landsmannschaftlicher, religiöser,
wirtschaftlicher und verkehrstechnischer Gesichtspunkte durchaus möglich, aber
umfassend zu begründen sind.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen fordern eine umfassende Berücksichtigung der
Hinweise, die das Verfassungsgericht in seiner ausführlichen Urteilsbegründung
erarbeitethat.
Ausgehend von den Hinweisen des Urteils fordern wir, die anstehenden Reformen
mit den Bürger*innen, den Kommunalpoliker*innen (Gemeinde- und Städtebund,
Landkreistag u.a.) und im Parlament zu beraten. Zeitlicher Druck darf aus
unserer Sicht nicht zu Lasten der Sorgfalt und der Bürger*innenbeteiligung
gehen. Wir GRÜNE sehen den zentralen Gedanken für ein zukunftssicheres Thüringen
im Ineinandergreifen von Funktional- und Verwaltungsreform und
Kreisgebietsreform sowie der Reform der Gemeindestrukturen.
Wir Bündnisgrüne fordern eine stärkere Bürger*innenbeteiligung, die die Belange
der Menschen im Land berücksichtigt. Nach grünem Selbstverständnis sind die
Eigenverantwortlichkeit und die kommunale Selbstbestimmung auszubauen.
Beteiligung muss für die Koalition im Rahmen der Reformen auch bedeuten, die
Gestaltungsmöglichkeiten in den Kommunalparlamenten zu verbessern. Die
Aufwertung des kommunalpolitischen Ehrenamtes ist für uns GRÜNE ein besonders
wichtiges Ziel.
Wir Bündnisgrüne fordern, die Funktional- und Verwaltungsreform zeitnah und
aufeinander abgestimmt auf den Weg zu bringen. Ein Kreisneugliederungsverfahren
muss zusammen mit der Überprüfung der bestehenden Landesbehörden im Hinblick auf
die Kommunalisierung der von ihnen wahrgenommenen Aufgaben bzw. im Hinblick auf
die Übertragung in die Zuständigkeit der Fachministerien erfolgen.
Der Prozess der Aufgabenbeschreibung kann nur ergebnisoffen geführt werden und
braucht eine fundierte Aufgabenkritik. Für diesen Prozess muss die
Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen, Landkreisen und kommunalen
Spitzenverbänden ein geeignetes Verfahren entwickeln. Die herausgearbeitete
Aufgabenteilung muss in der Zukunft ein Höchstmaß an qualifizierter und
spezialisierter Verwaltung und gestärkter kommunaler Selbstverwaltung leisten.
Insbesondere die Rolle der Landkreise muss im Verwaltungsgefüge Thüringens
definiert werden. Landkreise sollten sich verstärkt als Dienstleister für die
Bürger*innen verstehen. Übergeordnete komplexe planungstechnische
Angelegenheiten sollten an die Landesebene abgegeben werden. So wären auch
kleinere Landkreise, zum Teil auch in den bestehenden Zuschnitten, denkbar.
Im Rahmen dieses Verfahrens fordern wir GRÜNE, dass die Expertise anderer
Bundesländer bei derartigen Reformen zu berücksichtigen ist. So sollten
beispielsweise die Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz, die erfolgreich mit dem
Modell der Verbandsgemeinden arbeiten, genauso einfließen wie modellhafte
Gemeinde- und Regionalstrukturen in Aachen, Göttingen oder Saarbrücken.
Wir Grüne fordern einen zügigen und konsequenten Ausbau einer bürgernahen
Infrastruktur. Das betrifft insbesondere Bürgerbüros, Servicestellen und ein E-
Government.
Wir Bündnisgrüne fordern, dass die Gemeindegebietsreform weiter vorangetrieben
und so zukunftssichere Verwaltungseinheiten geschaffen werden. Hier wurden
bereits Erfolge und Fortschritte im Rahmen der Freiwilligkeitsphase des
Vorschaltgesetzes erzielt.
Hinderungsgründe für bereits eingeleitete und geplante Zusammenschlüsse von
Gemeinden sind schnellstmöglich und zusammen mit den Akteur*innen vor Ort
auszuräumen.
So möchten wir GRÜNE geregelt wissen, dass für Zusammenschlüsse, bei denen die
zukünftigen Partner keine einheitliche Haushaltsgrundlage als Ausgangsbasis
haben, die Doppik als einheitliches System Anwendung findet. Übergangszeiten
hierbei sind angemessen zu regeln.
Darüber hinaus muss es ein System geben, das einen Interessenausgleich bei
geändertem Personalbedarf vorsieht, wenn Gebietskörperschaften zusammengehen.
Die Körperschaften müssen ein Interesse entwickeln, mit den zukünftigen Partnern
eine gemeinsame Personalentwicklung vorzunehmen, und gleichzeitig die Sicherheit
haben, ihr aktuelles Personal nicht kündigen zu müssen.
Hinsichtlich der Verwaltungsgemeinschaften können wir GRÜNE uns deren
Weiterentwicklung zu Verbandsgemeinden vorstellen.
Wir Bündnisgrüne fordern die Landesregierung auf, mit der nötigen Sorgfalt und
der nötigen Zeit das komplexe Vorhaben Verwaltungs-, Funktional- und
Gebietsreform anzugehen.
Wir GRÜNE haben die Kraft und den Mut, auch Versäumnisse in der Kommunikation
und dem Verfahren einzuräumen und in der rot-rot-grünen Koalition eine Korrektur
einzufordern.
Mit einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren einer umfassenden Reform
für ein zukünftiges Thüringen steht das Wohl der Bürger*innen im Mittelpunkt.
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